Sagten Sie… Geisterjäger?! Für diejenigen unter uns, die es in den letzten drei Jahrzehnten geschafft haben, weder über die ursprünglichen Kinofilme, noch die Zeichentrickadaptionen oder gar deren Hörspielversionen zu stolpern, vorab eine kleine Lektion in Ghosthead-Lore: Bei den sogenannten „Ghostbusters“ (zu Deutsch meist „Geisterjäger“ genannt) handelt es sich um ein Team von Wissenschaftlern, die ihr Leben der Erforschung des Übernatürlichen, sprich Geistern, gewidmet haben und die bei diesem Unterfangen von einem paranormalen Abenteuer ins nächste stolpern.
Den Anfang des Mythos machte 1984 der Film Ghostbusters – Die Geisterjäger, nach einem Drehbuch von Ivan Reitman (basierend auf dem ursprünglichen Skript von Dan Aykroyd und Harold Ramis), der noch heute als einer der zehn erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten gilt.
In den Hauptrollen der namensgebenden Geisterjäger gaben sich die Bill Murray (Peter Venkman), Dan Aykroyd (Ray Stanz), Harold Ramis (Egon Spangler) und Ernie Hudson (Winston Zeddmore) die Ehre. Bis auf Hudson, gehörten die Stars des Films bereits zuvor zum Ensemble des beliebten amerikanischen Comedy-Formats Saturday Night Live (nach dessen Vorbild die RTL Samstag Nacht –Show gestaltet war).
Auch die unvergessliche Performance von Alien-Star Sigourney Weaver und Komiker Rick Moranis (Liebling ich habe die Kinder geschrumpft) trugen neben den oscarnominierten Spezialeffekten zum Erfolg der übernatürlichen Komödie bei.
Bald darauf, 1986, erlebten The Real Ghostbusters ihre ersten Zeichentrick-Abenteuer und 1989 brach Ghostbusters II an den Kinokassen alle Rekorde. Das Geisterfieber war unaufhaltsam und die Kinderzimmer quollen geradezu über vor Spielzeug, Hörspielen, Videospielen, Heimvideos, Lunchboxen und Kaugummies mit den paranormalen Helden.
Mehr als 25 Jahre sind seit dem letzten Ghostbusters-Film in die Lande gegangen, und immer wieder wurden Gerüchte laut, dass die Arbeiten an Ghostbusters III fortgesetzt würden. Spätestens aber mit dem Tod von Harold Ramis 2014 schien dieser Traum jedoch ausgeträumt, bis erneut Gerüchte laut wurden, dass die Ghostbusters schon bald auf die Leinwand zurückkehren würden, mit einem neuen Team, neuen Helden und einem neuen Abenteuer.
Aber das sind ja nur Frauen!
Das neue Team besteht aus der Professorin Erin Gilbert (Kirsten Wiig), die an der Columbia Universität Physik unterrichtet, Abby Yates (Melissa McCarthy), Erins Jugendfreundin, die sich anders als sie, für die Erforschung des Paranormalen entschieden hat, Jilian Holtzman (Kate McKinnon), die völlig durchgeknallte Ingenieurin und Patty Tolan (Leslie Jones), die sich nicht nur im turbulenten New York auskennt, wie in ihrer eigenen Handtasche, sondern auch in der turbulenten Geschichte des Big Apple.
Neben der Action, den ätherischen Erscheinungen und der Komik, die definitiv in einen Ghostbusters-Film gehören, erfährt man im Verlauf des Films immer mehr über seine Heldinnen. Warum interessieren sich derart intelligente Frauen für einen solchen Unsinn wie Geister? Die Antwort ist so simpel wie erschütternd und belegt zugleich die tief greifende Verbindung, die zwischen ihnen besteht.
Schnell zerstreuen sich auch die Befürchtungen, die aufgrund der wirklich, wirklich miesen Trailer laut wurden: Leslie Jones spielt nicht die großmäulige, laute Filmschwarze, wie jene, die in den 80ern gerne mal als erstes dran glauben mussten und davor noch für ein paar peinlichberührte Lacher sorgten. Melissa McCarthy glänzt nicht durch hyperaktive Körperkomik und überdrehtes Geblubber, sondern kittet das Team aus so unterschiedlichen Charakteren mit einer ruhigen und sehr positiven Bestimmtheit zusammen. Ebenso wie ihre männlichen Vorgänger, haben sich alle vier Geisterjäger ihre komödiantischen Sporen bei SNL verdient und gehören zum erfolgreichsten, was Amerika derzeit an Komikerinnen zu bieten hat.
Dabei ist mein persönliches Highlight Kate McKinnons Holtzmann. Sie nimmt den klassischen verrückten Wissenschaftler und interpretiert ihn als anarchische Bastlerin, die aus den theoretischen Grundlagen, welche Erin und Abby erarbeitet haben, praktische Anwendungen entwickelt und die jenseits aller Konvention – und teils ohne Rücksicht auf geistige oder körperliche Unversehrtheit – dafür sorgt, dass die neuen Ghostbusters für ihre Begegnung mit dem Jenseits, mit der bestmöglichen Ausrüstung versorgt sind. Wer sonst käme auf die Idee, einen Atomreaktor im Rucksack-Format und einem miniaturisierten Teilchenbeschleuniger, einen Partikelstrom zu erzeugen, der paranormale Phänomene buchstäblich fesselt? Na eben.
Das ist doch alles nur Hokuspokus und Tamtam…
Die Spezialeffekte sind so simpel, wie sie fesselnd sind. Die Geister wirken mal durchscheinend, dann wieder fast menschlich, nur um gleich wieder Knochen und totengrinsende Schädel zu entblößen. Zumindest zu Beginn des Films wirken die Spukgestalten eher lauernd und potenziell bedrohlich, ohne aber hektisch umherzuschwirren oder wild herumzuwirbeln.
Die Faszination der Paraforscher für diese Phänomene, ist in solchen Momenten nur zu gut zu verstehen. Diese überirdische Schönheit und Andersartigkeit der Geister muss doch genauer erforscht werden, nicht? Als die geisterhaften Vorfälle sich häufen und an Intensität zunehmen, wird deutlich, dahinter steckt ein perfider Plan, den es zu vereiteln gilt, will man verhindern, dass die Menschheit ausgelöscht und die Welt fortan von Geistern regiert wird.
Spätestens jetzt weicht die Faszination purem Pragmatismus; werden die ektoschleimenden Schurken vom Studienobjekt zum Gegner im Kampf um Leben und (Un-)Tod. Untermalt wird das Abenteuer in ruhigen wie actionreichen Momenten, stimmig und unaufdringlich von einem sehr schönen Soundtrack. Und was wäre ein Ghostbusters-Film ohne den gleichnamigen Titelsong von Ray Parker Jr.? Selbst die Variante von Fall Out Boy und Missy Elliot erschallt an einer passenden Stelle im Film, stellt jedoch nichts weiter als ein kurzes Zwischenspiel dar, dass weder dem Original noch der Handlung den Rang abzulaufen versucht.
Früher war alles besser!
Ist der neue Ghostbusters-Film nun besser oder viel schlechter, als die Filme aus den 80ern, mit denen damals alles anfing? Diese Frage ist meines Erachtens erstens unfair (wer kann schon originaler sein, als das Original?) und zweitens erübrigt sie sich, denn schließlich versucht Ghostbusters 2016 in keiner Sekunde die geliebten Klassiker zu ersetzen. Vielmehr enthält der Streifen so viele liebevolle Verbeugungen vor der Vorlage und seinen Stars, dass neben der eigenen Story – die sich zwar nicht sonderlich innovativ, aber durchaus fesselnd entfaltet – selbst das härteste Fan-Herz vor Rührung erweichen muss. Immer wieder überraschen kleine Gastauftritte oder Hommagen und vermitteln dem aufmerksamen Zuschauer so folgende Botschaft: Ein neues Team ist in der Stadt (und auch sie lieben die alten Filme)!
Für sich genommen ist Ghostbusters eine kurzweilige Spukkomödie mit interessanten Heldinnen, faszinierenden Spezialeffekten, einer in sich stimmigen Geschichte, einem modernisierten Look und viel, viel Herz.
Wirklich toll geschrieben. Ich werde dem Film nun doch noch eine Chance geben.
Das freut mich doch sehr. Ich wage vorherzusagen, dass du es nicht bereuen wirst.