Valentina Amor – All You Need Is Love (Oder So)

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Können Armors Pfeile wirklich jede*n dazu bringen, sichzu verlieben? Ist  der Liebesgott tatsächlich für jede Romanze verantwortlich? Wie kommen Gottheiten eigentlich an ihre Jobs? Und was passiert, wenn sie diesem aus persönlichen Gründen mal nicht nachgehen wollen? Mit diesen und weiteren Fragen befasst sich Sarah M. Kempen in ihrem neuen Jugendroman.

KLAPPENTEXT

LIEBE IST DAS BESTE; WAS ES GIBT!
Zumindest für Valentina. Schließlich ist sie die Tochter des Liebesgottes Amor höchstpersönlich. Und sie kann es kaum erwarten, ihre Ausbildung zur vollwertigen Liebesgöttin zu beginnen. Als Amor plötzlich ausfällt, bekommt Valentina ihre Chance: Sie sollan einer Schule zwei Teenager zusammenbringen. Nichts leichter als das, glaubt Valentina. Sie weiß nämlich alles über die Liebe! Nur Leider nichts über Sterbliche. Und sie ahnt auch nicht, wie kompliziert, peinlich und voller göttlicher Fettnäpchen die erste Liebe sein kann. Doch sie kriegt das hin … oder?

WAS IST ZU ERWARTEN?

Ich gebe zu, dass ich als häufig irrtümlich männlich-gelesene Person Mitte 30 vielleicht nicht unbedingt nach dem aussehe, wie manche sich die primäre Zielgruppe  für einen Teeny-Liebesroman vorstellen. Glücklicherweise habe ich mich nie allzusehr mit Erwartungen befasst und kenne außerdem Sarah M. Kempen und ihre bisherigen Werke gut genug, dass ich auch diesem Konzept eine Chance gegeben -beziehungsweise eifrig entgegen gefiebert- habe.

Nachdem die Autorin uns in Akademie Fortuna bereits verschiedene Formen des Wahrsagens näher brachte, bekommen wir diesmal nebenbei noch etwas Nachhilfe zu griechischen Gottheiten und ihren Domänen. Ich persönlich habe tatsächlich regelmäßig vergessen, dass sie häufig nicht nur für einen Bereich zuständig waren. Gleiches galt für die gelegentlichen  Überschneidungen der Domänen. Entsprechend habe ich die Inspiration zur Auffrischung genossen.

Die relevante Rolle der griechischen Gottheiten heisst aber nicht, dass die Handlung uns in die Antike zurückversetzt. Stattdessen wirft die Autorin den gesamten Pantheon in die Gegenwart. Amor versucht seinen Liebeskummer in Eiscreme zu begraben, Valentina hat eifrig Liebesfilme studiert, und Nachwuchsgottheiten haben Messenger-Gruppen auf ihren Smartphones. So weit, so zeitgemäß. Entsprechened dürfte es den Leser*innen der Zielgruppe auch leichter fallen, sich mit den Charakteren zu identifizieren. Und wie wir es von Sarah M. Kempen gewohnt sind, gibt es davon wiedermal einige:

Die Geschwister Philemon und Desirée stehen dabei im Zentrum der Ereignisse, schon da Philemon Valentinas Prüfungsaufgabe ist. Sie möchte nämlich unbedingt die Ausbildung zur Liebesgöttin beginnen und in die Fußstapfen ihres Vaters Amor treten. Leider ist ihre Großmutter Aphrodite anderer Meinung. Sie findet, dass Valentina der Verantwortung noch nicht gewachsen ist und sich erst beweisen muss. Mit spärlichen Ressourcen ausgestattet soll sie Philemon zu einer Beziehung verhelfen.

Für Leser*innen, die sich weniger mit dem Mittelpunkt identifiziern können, stellt die Autorin uns Pflanzen-Geek Leila zur Seite. Insgesamt an der Schule eher außen vor ist sie zumindest gut mit Philemon befreundet und so Teil der Geschehenisse. Und für Fans von Sidekicks oder nicht-menschlichen Charakteren bleibt immernoch Valentinas Möwe Bussi als potentieller Favorit. Auch wenn der freche Vogel entegegen Amors ursprünglichen Plan keine magische Turteltaube -und häufig weniger hilfreich,als Valentina es sich wünschen würde- ist, so ist Bussi doch zumindest eine konstante Quelle der Unterhaltung.

THEMEN

Wie wir es von Sarah M. Kempen bereits gewohnt sind,verstecken sich auch diesmal hinter ihrem leichtherzigen Schreibstil eine Menge verschiedener Themen:

Neben der ersten Liebe stehen auch Freundschaften und die Einhaltung von Grenzen im Mittelpunkt. Valentina hat keinerlei praktische Erfahrung im Umgang mit Menschen und nimmt eingangs vieles auf die leichte Schulter. Mit der Zeit lernt sie jedoch langsam, dass das Leben menschlicher Teenager kompliziert und voller Stolpersteine ist. Nur weil man Etwas über Jemanden weiß, ist man noch nicht berechtigt, diese Information zu teilen. Und je persönlicher und komplexer eine Information ist, desto sensibler sollte man damit umgehen, auch der betroffenen Person gegenüber.

Eine dieser Informationen ist die sexuelle bzw. romantische Ausrichtung einer Person. Und hier attackiert die Autorin gezielt die Stigmatisierung einer häufig übergangenen Orientierung. Aromantik wird eher selten zu einem präsenten Thema für Hauptcharactere gemacht. Entsprechend sticht das Thema hier hervor, ohne dass es den Mittelpunkt übernimmt. Gerade im Teenager-Alter ist die erste Liebe ein häufiges und scheinbar omnipräsentes Thema im Umfeld. Entsprechend führt das Ausbleiben solcher Gefühle schnell zur Frage „Was stimmt mit mir nicht?“.  Und genau hier setzt Sarah M. Kempen den Hebel an. Für Valentina ist völlig undenkbar, dass es für jemanden ein Problem sein könnte, aromantisch zu sein; ihre betroffene neue Freundin weiß dagegen nicht einmal, dass das Konzept existiert. Die Autorin lenkt somit gezielt die Aufmerksamkeit auf die häufig unsichtbaren „A“s in LGBTQIA+. Dadurch thematisiert sie  ein großes Problem, dass daraus entsteht: Selbstzweifel, die aus Unwissenheit heraus wachsen.

Natürlich wäre leider keine moderne Teeny-Geschichte in einem Schulsetting ohne ein weiteres Thema repräsentativ: Mobbing. Leila wirkt auf den ersten Blick wie eine typische Aussenseiterin. Sie ist oft für sich, interessiert sich für ungewöhnliche Dinge und andere hacken gern auf ihr herum. Zu ihrem Glück ist sie mit Philemon und Desirée befreundet. Allerdings muss gerade Philemon erst lernen , dass man bereit sein sollte, Freunde auch gegenüber anderen Freunden zu verteidigen. Tatsächlich hat sein Umgang mit der Situation in in meinen Lesedurchgängen einige Sympathie-Punkte gekostet, auch wenn der Zwispalt für ihn vermutlich auch nicht leicht war. Aber Leilas Enthusiasmus für ihre Lieblingsthemen entgegen der allgemeinen Meinung ihrer Mitschüler*innen fühlte sich sehr vertraut an, wodurch sie zumindest für mich der identifizierbarste Charakter im Buch war.

MEINUNG

Sarah M. Kempen liefert wieder einmal ein wundervolles Werk auch für Leser*innen jenseits der Zielgruppe ab. Mit der ersten Liebe greift sie ein zentrales Thema auf, dass uns alle aus verschiedenen Aspekten irgendwann einmal beschäftigt hat. Dabei fängt sie das absolute Chaos der sozialen Komponente es Teenager-Lebens eindrucksvoll ein. Und das noch BEVOR Valentinas ungeschickte Einmischungen ins Spiel kommen. Darüber hinaus beleuchtet sie das Thema der Aromantik kurz und simpel, gibt ihm jedoch genug Raum, das potentielle eigene Erlebnisse reflektiert werden können. Eventuell kann der eine oder die andere Lesende dabei noch etwas über sich selbst lernen.

Nebenbei beantwortet die Autorin auch am Beispiel von Liebesgottheiten die alte Weihnachtsmannfrage „Wie soll eine Person sich um den ganzen Planeten kümmern?“. Der Aspekt der Nachwuchsgottheiten mit eigenen Spezialisierungen hat mich in seiner simplen Nachvollziehbarkeit sehr begeistert. Insgesamt wirkt das Worldbuilding sehr abgerundet, selbst die klassische Amor-Darstellung, die doch eher an ein geflügeltes Baby erinnert, findet sich wieder.

Wie wir es bereits von Sarah M. Kempen gewohnt sind, lohnt es sich wieder einmal, beim lesen genauer hinzusehen. Ein Easteregg, dass ich beinahe übersehen hätte, halten die Kapitelüberschriften bereit. Es handelt sich durchgehend um die Titel von Lovesongs, so dass man sich bei Bedarf eine passende Playlist zum lesen erstellen könnte. Und für alldiejenigen, die sich jetzt noch ein Exemplar aus der ersten Auflage besorgen, wartet ausserdem noch ein eleganter Buchschnitt mit Blumenmotiv.


Schneiderbuch Verlag
Softcover/Ebook
Autorin: Sarah M. Kempen
Young Adult
ab 14 Jahren empfohlen
256 Seiten
ISBN: 978-3-505-15165-1
Ersterscheinung:19.03.2024
Preis: 15,00€ (Ebook: 9,99€)

 

Cover und Klappentext © Schneiderbuch Verlag

Der 2. Band Valentina Amor – Love Is In The Air (Oder Woanders) ist bereits online vorbestellbar und derzeit für den 27.12.2024 angekündigt.

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Story
Charaktere
Zielgruppen-Eignung
Setting/Worldbuilding
Schreibstil
4.6 LOVELY

"Ich kann mit Lovestories nichts anfangen" sollte kein Argument sein Valentina Amor zu ignorieren. Die Story bietet soviel mehr als nur eine 'typische Teeny-Romanze' ( was auch immer das sein mag). Sarah M. Kempen baut erneut eine Welt mit Witz, die sie zeitgleich zur Aufklärung nutzt, ohne dass sie dabei den Fokus weg vom zentralen Thema verschiebt. Valentinas Begeisterung für ihre "Fish out of the Water"-Rolle macht si schnell sympatisch, und auch wenn sie sich inzwischen ein wenig in der Menschenwelt zurecht findet, warten in der Zukunft hoffentlich noch viele amüsante Verständnis-Probleme in auf sie.

Über den Autoren/Über die Autorin

Erziehungs-Person, Comic-Geek, Spielkind,Serien-Junkie und Cartoon-Enthusiast aus Hamburg. In meiner Freizeit betreibe ich an professionell grenzendes professionelles Binge-watching, überanalysiere oder stopfe meinen Kopf mit fiktiven Charakterbiografien voll.

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