…wie Staffel 1 – und bitte zerreißt mich für diese Aussage jetzt nicht in der Luft, denn ich liebe Stranger Things sehr (was sogar zu einer Cosplay-Gruppe führte). Aber nachdem ich nach dem Verfliegen des imminenten Hypes etwas Zeit zum reflektieren hatte, sind mir doch ein paar Kritikpunkte an der 2. Staffel der Netflix-Serie aufgefallen, die ich ansprechen wollte.
Zunächst aber natürlich mal die obligatorische Spoiler-Warnung: wenn ihr noch gar nichts von Stranger Things 2, geschweige denn die 1. Staffel gesehen habt, dann hört auf zu lesen. Spoilers ahead!
Okay, ihr seid noch bei mir? Dann schnappt euch nen Eggo und passt auf! Das sind meine 3 Hauptgründe, wieso sich Stranger Things 2 für mich einfach nicht ganz so rund anfühlt wie Staffel 1.
Billy & Max
Ein Ansatz, den Staffel 2 hatte, war etwas neues zu bieten. Klar, wenn etwas gut läuft, verleitet das oft dazu, es einfach nochmal genauso zu machen. Beispielsweise wurde Star Wars Episode 7 heftig als 1:1 Kopie von Episode 4 kritisiert. Bei Stranger Things mussten also neue Charaktere her.
Dustin, Lucas, Will und Mike staunen nicht schlecht, als sie plötzlich einen “Mad Max” an der Spitze sämtlicher Highscores der Hawkins Arcade sehen. Mad Max stellt sich als neues Mädchen an der Schule heraus. Sie entpuppt sich aber leider schnell eher als Deko und weniger als Story-tragender Charakter. Wenn ich an diesen Charakter denke, kommt mir das Smourfette Principle in den Sinn, welches zuvor leider auch schon Eleven in der Freundegruppe erfüllte. Das Prinzip besagt, dass einer Riege männlicher Charaktere der “Frauenquote” wegen ein weiblicher Charakter hinzugefügt wird. Dieser Charakter, Max in diesem Fall, erfüllt in ihrer Rolle als Smurfette leider nur zwei sehr stereotype Aufgaben. 1. ist sie der Auslöser eines Liebes-Dreiecks zwischen ihr, Lucas und Dustin und 2. in gewisser Weise auch zwischen sich, Mike und Eleven. Wir erinnern uns: hätte Eleven Mike und Max nicht zusammen in der Turnhalle gesehen, wäre sie wohl schon viel früher zur Gruppe zurückgekehrt. Durch den Einsatz von Max als Love-interest plot-device wurde Eleven aber noch bis zum Finale von Hawkins ferngehalten.
Was ich an Stranger Things von Anfang an schätzte, sind die vielfältigen Dimensionen der Charaktere. Viele der Hauptcharaktere starten als Cookie-Cutter Repräsentationen stereotypischer 80er-Charaktere. Nancy ist das klassische Mädchen von Nebenan, Joyce die hysterische Mutter, Steve der Highschool-Jock. Jeder von ihnen schafft es aber zum Schluss uns durch ihre Handlungen ein ganze neues Bild von ihnen zu erschaffen. Um auch den Leuten in der letzten Reihe klar zu machen, dass Steve Harrington ein guter Kerl ist, entschließen sich die Duffer Brothers also Billy zu erschaffen. Billy ist der ältere Stiefbruder von Max und beide sind mit ihrer Familie neu nach Hawkins gezogen. Wie die Duffer Brothers in dem Doku-Spin-off Beyond Stranger Things erklärten, soll Billy das darstellen, was eigentlich mal aus Steves Charakter werden sollte, aufgrund Joe Keerys Charisma aber als Charakterisierung fallen gelassen wurde.
Die Punk-Kids
Dafür, dass die gesamte Staffel durch Kali oder “Eight” und ihre Punk-Gang eröffnet wird, bleiben diese Charaktere dann doch relativ blass. Lediglich in der 7. Folge besuchen wir die Gruppe von Aussenseitern noch einmal. Aber so richtig warm wird man mit ihnen nicht.
Den Punkt, den ich und viele Fans vor allem so an Stranger Things loben sind die ausgearbeiteten Charakter. Sie konfrontieren dich mit einem Charakter, von dem du denkst ihn anhand aller Klischees zu kennen, nur um dich dann vom Gegenteil zu überzeugen. Genau die Gruppe um Kali – deren andere Namen mir tatsächlich wieder entfallen sind, was nicht gerade für sie spricht – sind eine Variation der besten 80er-Klischees, aber auch alle fürchterlich austauschbar. Von Doctor Who kennt man das mittlerweile, dass es immer eine Folge in der Staffel gibt, die das Fandom leugnet – man erinnere sich an Love & Monsters. Bei Stranger Things 2 wäre das für mich also definitiv Folge 7!
El saves the day
Glücklicherweise kriegt El am Ende nochmal die Kurve und geht mit der Gruppe getrennter Wege. “Geläutert” und im neuen, edgy Punk-Outfit kehrt sie schließlich nach Hawkins zurück. Schließlich waren Kali und ihre Gang also, ähnlich wie Max, nur ein plot-device, um Eleven von der Stadt fernzuhalten. Wäre sie schon früher nach Hawkins zurückgekehrt, hätte sie das Portal bereits viel früher schließen können. Dann hätte man die Staffel wohl um einiges kürzen müssen.
Allerdings fühlt sich das ganze dadurch zu sehr wie ein Kopie der ersten Staffel an. Max wird in El’s Abwesenheit zu einer Art Frauenquoten-Ersatz in der Kinder-Gruppe. Gleichzeitig sind „die Bösen“ wieder die Wissenschaftler und Monster aus dem Upside Down. Nur eben mehr davon. Von den Trailern hatte ich mir eine größere Bedrohung durch den Mind Flayer erhofft oder sogar, dass die Grenzen des Upside Down und der realen Welt langsam verwischen. Stranger Things ist derzeit noch auf vier Staffeln ausgelegt, also ist Staffel 2 wohl auch wieder eher ein Cliffhanger, als eine für sich stehende Staffel.
Fazit
Wenn ihr es bis hierhin geschafft habt und mich immer noch nicht verteufelt habt, bin ich euch was schuldig! Aber um es noch einmal zu betonen: Stranger Things 2 ist für mich trotzdem noch einmal die ganz große Liebe. Da kann ich auch über ihre Schwächen hinwegsehen, denn die Serie lebt vor allem durch ihre Charaktere. Genau die sind überaus liebevoll und realistisch geschrieben. Durch die charismatische Performance des Casts sieht man dann über eventuelle Schwächen der Story auch gerne hinweg.
Aber jetzt bin ich an eurer Meinung interessiert! Stimmt ihr mir zu oder eher nicht? Ein “Falsch” gibt es da nicht!
Quelle: Netflix
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