BioShock: The Collection – Review

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„There’s always a Lighthouse, there’s always a man, there’s always a city.“ BioShock: The Collection hat seinen Weg auf die Nintendo Switch gefunden. Wir haben es ausgiebig für euch durch die Testmühle gejagt. 

Um es mal vorwegzunehmen: Ich mag die Tendenz der Switch, ältere Titel neu aufzulegen. Ich bin seit jungen Jahren stets ein Konsolenkind gewesen, entsprechend sind neue Konsolengenerationen auch immer leichte Abschiede. Ebenso entsprechend gibt es diverse Titel, die ich mir im Laufe der Jahre mehrfach kaufen ‚musste‘, denn seien wir ehrlich, ich bin ich.

Die BioShock-Reihe hat mir in der Vergangenheit auf der PS3 überraschend viel Freude bereitet, obwohl ich eigentlich kein großer Fan von Shootern bin. Entsprechend begeistert war ich auch, als ich von der Portierung der Collection hörte. Seit dem letzten Spielen der Reihe verging einige Zeit, so dass nun natürlich die Frage aufkommt, ob die alte Begeisterung wieder aufkommen kann. Der Antwort stellen wir uns am besten – Mit Blick auf das fortgeschrittene Alter nur zum Teil spoilerfrei – Spiel für Spiel.

BIOSHOCK REMASTERED

© 2K Games | „A man chooses. A slave obeys.“

BioShock hatte durch sein Setting allein immer eine gewisse Horror-Atmosphäre für mich. Klar, abgewrackte Städte und zerfallene Gesellschaften kennt man in der Popkultur zu genüge. Was mir jedoch stets ein mulmiges Gefühl gab, war der Blick aus dem Fenster: Überall Wasser. Die unterseeische Kulisse von Rapture in seinen -halbwegs- wasserdichten Tunneln ist eine der Hauptattraktionen in BioShock. Aquaphobie und Claustrophobie werden dauerhaft angestubst, offene und trockene Areale sind nicht zu finden. Auch die verschiedenen Varianten an Splicern, die euch ans Leder wollen machen Rapture nicht einladender. Die genetisch modifizierten Junkies machen ihre Absichten schnell klar wenn sie euch erspähen. Wenn sie dies nicht tun, solltet ihr euch die Zeit nehmen, ein wenig zu lauschen. Das mag den Plot nicht fördern, schafft aber ein gutes Bild ihrer mentalen Verfassung.

Wenn die gewöhnlichen Splicer kalt lassen, für den gibt es natürlich auch noch etwas größere Kaliber in Form von Big Daddies. Groß und wortlos stapfen sie in ihren Taucheranzügen durch die Stadt und zerlegen Splicer, die ihren Schützlingen zu nahe kommen. Little Sisters haben die einzige Aufgabe, die mysteriöse Substanz ADAM aus Leichen zu ziehen. Klingt komisch? Welcome to Rapture!

Neben der Atmosphäre ist BioShocks größte Stärke die Story. Nachdem Protagonist Jacks Flugzeug im Meer abstürzt, findet er sich schnell in Rapture wieder. Der mysteriöse Atlas kontaktiert ihn über Funk und bietet seine Hilfe an, um ihn in Sicherheit zu leiten – gegen kleine Gefälligkeiten. Unterwegs begegnet Jack allerlei skurrilen Gestalten, an denen sich schnell Zeit, dass die utopische Vision von Rapture nicht funktioniert hat. Auch wenn die Interaktion mit den meisten namhaften Charakteren eher begrenzt ist, sorgen findbare Audiologs doch für ein runderes Gesamtbild. Und auch Jacks Anwesenheit in Rapture wird mit der Zeit klarer und wirkt weniger nach einem Zufall…

„WOULD YOU KINDLY…?“

Wie bereits erwähnt ist BioShock kein neuer Titel. An manchen Stellen macht sich dieser Umstand auch bemerkbarer als an anderen. BioShock: The Collection hat bereits die aufpolierte Remastered-Version portiert, doch auch diese hat an einzelnen Stellen ihre Schwächen. Die Steuerung müsst ihr beispielsweise komplett so hinnehmen wie sie ist. Natürlich ist BioShock kein Tomb Raider, in dem man konstant umher hüpft. Dennoch hätte ich aber rein aus Gewohnheit gern Sprünge statt Medikits auf der B-Taste. Das Gameplay unterscheidet sich vor allem durch die mächtigen Plasmide vom 08/15-Shooter, ist aber nicht bahnbrechend.

Auf den ersten Blick sieht Rapture trotz des fortgeschrittenen Alters gut aus. Bei genauerem hinsehen entledigt ihr euch aber nur weniger individueller Gegner-Modelle, anstatt einer großen Variation. Bei den massenproduzierten Big Daddies mag es vertretbar sein, dass es nur zwei Varianten gibt. Den Splicern hätte mehr Variation jedoch nicht geschadet. Und wer den lauernden Wassermassen zum Trotz gelegentliche Blicke ‚aus dem Fenster‘ wagt, wird eine konstante Aussicht in verschiedene Richtungen bemerken.

Natürlich will und kann ich nicht nur meckern. Wie bereits erwähnt sieht BioShock trotz seines Alters und der er technischen Einschränkungen gut aus. Rapture ist heruntergekommen und verfallen, zeigt aber noch Spuren seines früheren Glanzes. Die Plasmide sind abwechslungsreich und erlauben eine gewisse Variation im Spielstil. Ergänzend dazu könnt ihr auch mit Gene Tonics an euren persönlichen Stil angleichen. Die Waffenupgrades sind nicht nur effektiv, sie sehen auch zeitgleich hausgemacht und doch funktional aus. Die Splicer mögen nicht übermäßig abwechslungsreich sein, verbreiten aber dennoch eine bedrohliche Stimmung.

Darüberhinaus bieten die Challengerooms mit ihren sehr spezifischen Bedingungen eine nette Bonusherausforderung, welche ein genaues Verständnis der Fähigkeiten erfordern. Für Artbook-Fans hingegen gibt es als Bonuscontent ein Museum, in dem ihr euch die Entwicklung verschiedener Aspekte genauer ansehen könnt.

BIOSHOCK 2 REMASTERED

© 2K Games | „Love is just a chemical, we give it meaning by choice.“

BioShock 2 beginnt mit einem sehr kurzen Ausblick auf die Glanzzeit Raptures. Meine Ursprüngliche Hoffnung, die frühen Tage der Stadt zu erleben wurde jedoch schnell zerschlagen. Erst finde  ich mich diesmal auf der anderen Seite eines „Hypnotize Big Daddy“-Plasmids wieder, dann macht mein Hirn spontane Bekanntschaft mit einer Kugel.

Ja,ganz Recht: Diesmal sind wir als ein frühes Big Daddy-Modell unterwegs. Subject Delta wird Jahre nach Jack’s Besuch wiederbelebt und macht sich die Suche nach SEINER Little Sister. Unter telepathischer Führung durch Elanor und mit Dr. Tennenbaum im Funk kämpft Delta sich voran. Neben den bekannten und neuen Splicern tritt dieses Mal eine weitere Gefahr in Form der Big Sister in euren Weg. Wer von den Big Daddies im ersten Teil nicht beeindruckt war, fühlt sich vielleicht hier geforderter. Big Sisters sind ebenso robust, agiler, und haben neben einer größeren Variante an Angriffen. Und sollte ein unglüclicher Splicer vorbeiwandern, haben sie zudem die Option sich zu heilen.

Wer BioShock schon zu nass fand, wird seine Freude daran haben, wenn Delta über den Meeresgrund stapft. Als Big Daddy ist er darauf ausgelegt, sich auch außerhalb der schützenden Kuppel bewegen zu können -glücklicherweise nur in kurzen Abschnitten. Deltas Suche nach Elanor führt ihn Teile Raptures, die Jack nie zu sehen bekam. Unterwegs schlagt ihr euch mit den fanatischen Splicer-Truppen von Doctor Lamb herum, die euch ans Adam wollen. Lamb hat nach dem Fall von Andrew Ryan und Frank Fontaine die Kontrolle über Rapture übernommen und wird zum Teil als eine Art Messias gesehen. Anders als Jack ist Delta von vorherein klar,dass seine Fehde mit Lamb persönlicher Natur ist. Natürlich ist das wenig verwunderlich, wenn man ihre Vorgeschichte im Intro bedenkt.

„LOOK, DADDY – IT’S YOU.“

Wer den Vorgänger kennt, freut sich  vielleicht auf einen deutlich robusteren Protagonisten, immerhin ist Delta ein Big Daddy. Allerdings kommt schnell das Gefühl auf, dass Deltas Anzug entweder kosmetischer Natur ist, oder dass die Splicer aufgerüstet haben. Delta nimmt unter Feuer nicht merklich weniger Schaden als Jack. Wenn man dann noch die neuen Gegnertypen betrachtet, fühlt man sich teilweise als mächtiger Big Daddy sogar verwundbarer als beim ersten Trip nach Rapture. Story-technisch fehlte mir außerdem ein weniger der „WHAM!“-Effekt, den „Would you kindly…?“ hatte. Der Effekt, den die Konditionierung auf die Wahrnehmung der Little Sisters hat, kam für mich noch am nähesten an eine Überraschung.

Apropos Little Sister: Eines meiner liebsten Elemente in BioShock 2 war das adoptieren der kleinen Sammlerinnen. Nach erfolgreicher Beseitigung eines Big Daddy könnt ihr seine Begleitung unter eure Fittiche nehmen. Von ihr lasst ihr euch zu einer ADAM-reichen Leiche führen und beschützt sie während der Ernte. Ob ihr Fallen vorbereitet oder einfach reagiert ist euch überlassen. Ich persönlich hatte einen Heidenspass daran, die Umgebung zu preparieren und abzuwarten. Besonders das erste Upgrade des Cyclone Trap-Plasmids war einer meiner besten Freunde.

Ansonsten fühlt sich BioShock 2 im Vergleich zum Vorgänger für mich fast etwas unscheinbar an. Die Story ist nicht schlecht, aber nicht überwältigend, das Gameplay profitiert vor allem von den Plasmiden. Neue Bereiche Raptures zu sehen macht die Stadt größer und weniger fad. Die Big Sister-Kämpfe nach der Erlösung/Ernte aller Little Sisters in einem Areal waren fordernd, aber zu bewältigen. Der taktische Aspekt durch Fallen fühlte sich ausgereifter an als im Vorgänger, aber für einen Big Daddy hätte Delta imposanter sein dürfen. Ich würde es dennoch nicht als uninteressant verwerfen. Besonders Minerva’s Den stellt meines Erachtens eine sehr Runde Erweiterung dar und erbringt tatsächlich die unerwartete Offenbarung, die mir in BioShock 2 fehlte.

BIOSHOCK INFINITE – COMPLETE EDITION

© 2K Games | „Bring ud the girl and wipe away the debt…“

Nach zwei Ausflügen nach Rapture wird es langsam Zeit,endlich mal wieder trockenen Boden unter den Füßen zu haben. Die Betonung liegt auf „trocken“, ob man in Columbia von festen Boden sprechen mag, ist Auslegungssache.  BioShock: Infinite legt in der Wahl seiner Location eine 180°-Wende hin; statt in die Tiefsee geht es in schwindelerregende Höhen.

Jahre bevor Raptures Gründung wird Booker DeWitt beauftragt, eine junge Frau zu finden. Die Hinweise, denen er folgt, sind eher vage und scheinen an der Spitze eines Leuchtturms zu enden, ehe er sich spontan in einer fliegenden Stadt wiederfindet. Booker tut das einzige,was ihm unter den gegebenen Umständen übrig bleibt – er nimmt es hin und macht sich an die Arbeit. Die scheinbare Idylle über den Wolken erweist sich jedoch schnell als elitär, rassistisch und alles in allem wenig einladend. Gemessen daran hält sich also das Mitleid in Grenzen,wenn Booker eine Schneise an Verwüstung hinterlässt. Mit Elizabeth ist die Zielperson zwar schnell gefunden, allerdings sind die Bewohner Columbias nicht sonderlich überzeugt, sie gehen zu lassen. Nachdem Stadtgründer Zachary Comstock

Anders als in Rapture haben wir es in Columbia allerdings überwiegend mit normalen Leuten zu tun, die lediglich sehr fanatisch ihren Überzeugungen folgen. Natürlich gibt es einzelne Ausnahmen wie Crow Zealots oder Firemen, die ebenfalls Vigors gegen euch verwenden. Darüber hinaus begegnen euch im Spielverlauf noch schwere Kaliber wie Patriots oder Handymen, gegen die Frontal-Beschuss nicht unbedingt die ratsamste Methode ist.

Wer all dem erfolgreich trotzt, für den kommt auch BioShock:Infinite mit noch mehr Content: Clash in The Clouds ist ein typischer Herausforderungsmodus mit Wellen um Wellen an Gegner,diesich euch entgegenwerfen, während Burial At Sea in 2 Teilen erzählt, was nach der Hauptstory passierte.

„CONSTANTS AND VARIABLES“

BioShock:Infinite fällt etwas mehr auf die Konzeption alter Shooter zurück. Anstatt eines bunt gemischten Arsenals habt ihr diesmal nur 2 Waffen zur Hand zwischen denen ihr wechselt. Wenn ihr findet,das eher eurem Geschmack entspricht, wird eine der getragenen Waffen weggeworfen. Entsprechend wird bei Upgrades auch auf eine visuelle Überarbeitung verzichtet.
Auch die Sammlung an Medikits, die sich zu freien Verfügung herumtragen liess, fällt diesmal weg. Wer angeschlagen ist, muss die Augen offen halten, um sich zu heilen, anstatt zwischendurch Vorräte anzulegen.

Die massive Auswahl an Plasmiden aus den Vorgängern wurde von einer überschaubaren Sammlung an Vigors ersetzt. Diese lassen sich ähnlich eures Waffenarsenals ebenfalls an Verkaufsständen aufbessern um die Effekte zu verstärken oder weitere Funktionsweisen zu ergänzen.

Wer häufig mit seinen Reserven ringt, kann dankbar für Elizabeth sein: Wenn sie euch Gesellschaft leistet, häkt sie stets die Augen offen und versorgt euch gelegentlich mit Munition oder Salzen (die diesmal die EVE-Spritzen ersetzen).

Mit Burial At Sea werden zum Abschluss der Trilogie noch einmal Elemente aller drei Teile bunt gemischt: Ihr erlebt Rapture vor dem Fall, während ihr von Elizabeth für einen Job angeheuert werdet und sie schließlich im Finale selbst steuert. Zwar fehlen der 2. Episode Elizabeth’s Quanten-Powers, dafür kommt zum Abschluss mit einem gewissen Fokus auf Stealth nochmal ein neues Element in die Reihe, was für noch mehr Abwechslung sorgt. Ich persönlich hätte gern auch mehr von Elizabeth’s Stealth-play in der Hauptstory gesehen,kann aber auch nachvollziehen, dass es ein Bruch mit dem allgemeinen Spielgefühl wäre.

Alles in Allem gewinnt BioShock:Infinite für mich persönlich gerade dadurch an Charme,dass man hier auch die menschlichen Seiten der gescheiterten Utopien als einen gewissen Kontrast erleben darf.

WE ALL MAKE CHOICES, BUT IN THE END, OUR CHOICES MAKE US.

Ob alteingesessener Fan oder Reihen-Neuling, bei Neuauflagen stellt sich häufig die Frage: „Lohnt sich das?“
In diesem Fall sage ich persönlich ganz klar „Ja!“.
Letztendlich mag für wiederkehrende Fans zwar im Zweifelsfall kein neuer Content enthalten sein -je nachdem,ob ihr die DLCs kennt oder nicht-, aber das macht nichts. Ein Punkt der mich an Remakes auf der Switch jedesmal reizt ist die Option, sie auch unterwegs zu spielen.
BioShock -The Collection ist für 49.99€ im Handel oder zum Download im Nintendo E-Shop erhältlich; alternativ könnt ihr die Spiele auch einzeln für je 19.99€ zum Download erwerben,wenn ihr nicht an allen dreien interessiert seid.

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BioShock - Story 95%
BioShock 2 - Story 80%
BioShock: Infinite - Story 95%
Soundtrack 85%
Gameplay 85%
88% gut

Zwar hätte ich aus rein mechanischer Hinsicht eine Überarbeitung hinsichtlich der Personalisierung der Steuerung gewünscht, aber darüber lässt sich hinwegsehen. Gerade für das Fortgeschrittene Alter des ersten Teils sieht das ganze insgesamt sehr gut aus. Die verschiedenen Plots um Jack, Delta, Sigma und Booker haben mich auch nach Jahren wieder gut abgeholt und mitgerissen. Die großen Twists in BioShock und BioShock:Infinite waren natürlich absehbar, aber wer Fight Club einmal gesehen hat, wird auch kein zweites Mal vom Ende überrascht.  Gemessen an der Natur der Locations funktionieren die Spiele meiner Ansicht nach als gelungene Dekonstruktionen von Utopien und zeigen die Schwächen auf. Seien es die Audiologs in BioShock und BioShock 2 oder die präsentierte Gesellschaft in BioShock: Infinite - die Fehler abgeschiedener Städte für Eliten sind nicht zu übersehen. Und auch wenn diese Details oftmals kritisiert sah, sind das meiner Ansicht nach die wahren Stärken der BioShock-Reihe, noch vor den verschiedenen Fragen, die zum freien Willen aufgeworfen werden. Verglichen mit anderen flashigen Shootern der Neuzeit wirkt das Gameplay eher weniger spektakulär, aber wer auch nur halbwegs an einer einladenden Narrative interessiert ist, dem kann ich die BioShock-Colection für die Switch wärmstens empfehlen - unabhängig davon, ob ihr sie bereits kennt oder nicht. 

Über den Autoren/Über die Autorin

Erziehungs-Person, Comic-Geek, Spielkind,Serien-Junkie und Cartoon-Enthusiast aus Hamburg. In meiner Freizeit betreibe ich an professionell grenzendes professionelles Binge-watching, überanalysiere oder stopfe meinen Kopf mit fiktiven Charakterbiografien voll.

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