Review: Mera – Gegen den Strom

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Nachdem ich zuletzt Harley Qinns jugendliche Eskapaden einer genaueren Betrachtung unterzog, wird es nun Zeit, sich einem weiteren ehemaligen Support-Charakter zu widmen. Vorhang auf für das Pinini Ink-Debüt der -künftigen- Königin der Meere in Mera: Gegen den Strom

In Mera: Gegen den Strom erleben wir die Rebellion einer jungen Trohnfolgerin gegen das bestehende System und Fremdbestimmung. Dem Konzept des Ink-Labels folgend, fällt hier Lesern als erstes besonders das ‚jung‘ in Auge. Autorin Danielle Paige gibt uns einen Einblick in die Jugend der rot-beschopften Prinzessin, während sie ihre New52 Origin-Story neu interpretiert.

ALTE UND NEUE GESICHTER

In Gegen den Strom wird uns Mera als wenig hoheitliche Prinzessin präsentiert. Als wir sie das erste Mal sehen, schleicht sie sich vermummt durchs Fenster aus dem Palast von Xebel. Ihre erste Handlung: Vandalismus an der atlantischen Botschaft. Prinzessin Mera hält so wenig von der atlantischen Kontrolle über ihre Heimat wie sie von den Plänen ihres Vaters sie zu verheiraten hält. Sie hat ihren eigenen Kopf und verweigert sich jeder Form von Fremdbestimmung, überzeugt von ihrer Unabhängigkeit. In typischer „jugendlicher Rebell“-Manier muss sie allerdings noch lernen, dass es nicht immer zielführend ist, prinzipiell gegen den Strom zu schwimmen. Und was tut man eigentlich, wenn die Überzeugung am eigenen Ziel durch neue Eindrücke ins Wanken gerät?

Eine der ersten Personen, die man in einer Mera-Story erwartet, ist natürlich Aquaman. Der lässt allerdings noch auf sich warten, Arthur Curry ist noch weit davon entfernt, zu Unrecht als „lahmer Superheld“ bezeichnet zu werden. Hier ist er zunächst mal nur ein junger Mann, der mit seinem Vater in einem Leuchtturm lebt und kein übermäßig spektakuläres Leben führt. Er verbringt seine Zeit mit Freunden und seiner Freundin, hat einen Job und weiß nichts von irgendwelchen Leuten unter Wasser. Alles in allem ist er ein stereotypischer netter Kerl, dessen herausragendste Eigenschaft zu sein scheint, dass er sich vom Wasser fernhält.

Mit Ausnahme von Mera selbst scheint jeder von dem Plan,dass sie Larken heiraten soll, überzeugt zu sein. Er und Mera kennen sich seit Kindheitstagen und ihre Heirat wurde als diplomatischer Zug geplant. Larken scheint anders als Mera jedoch nicht abgeneigt zu sein. Zudem erhält er den Auftrag, den atlantischen Thronfolger Arthur Curry zu töten. Zudem bildet er zusätzlich zu Mera und Arthur die dritte Ecke eines etwas angespannten Lovetriangles.

DIE STORY

Die Tiefsee-Kolonie Xebel steht unter atlantischer Herrschaft, was den meisten Xebelern missfällt. Dies ist jedoch nicht Meras einzige Sorge. Ihr Vater plant sie zur Stärkung der Allianz zwischen Xebel und dem Tiefseegraben mit Larken zu verheiraten. Darüberhinaus soll Larken sich den Thron dadurch verdienen, dass er Arthur Curry beseitigt und die Atlantische Thronfolge beendet. Mera belauscht den Plan zufällig und beschließt ihn auf eigene Faust umzusetzen. Schließlich ist die Thronfolge in Xebel ihr Erbrecht und Larken bekommt den Auftrag nur,weil er ein Mann ist; warum sollte sie sich das gefallen lassen? Um sicherzustellen, dass sie ihr Volk befreit und allein herrschen kann, bricht sie zur Welt an der Oberfläche auf. Schnell muss sie jedoch feststellen, dass die Warnungen ihrer Leibwache nicht übertrieben waren, sie muss sich erstmal daran gewöhnen,sich außerhalb des Wasser aufzuhalten.

In dieser Zeit lernt sie schnell,dass der an Land lebende Arthur nicht ihrem Bild der Atlanter entspricht. Statt eines überheblichen Unterdrückers findet sie einen netten Kerl vor. Ahnungslos von der Gefahr, die Mera für ihn darstellt, kümmert er sich um die etwas eigenartige junge Frau ohne zu merken, dass sie regelmäßig nur knapp davon abgehalten wird, ihn zu töten. Und während Arthur sich nur darüber wundert, dass Mera alltägliche Dinge betrachtet, als würde sie sie zum ersten Mal sehen, muss Mera sich bald entscheiden: Folgt sie ihrer selbst auferlegten Pflicht, oder hört sie auf ihr Bauchgefühl?  Kann sie weiter ihrem eigenen Kopf folgen, selbst wenn sie sich eingesteht, dass Arthur eigentlich ganz süß ist? Und was ist mit Larkens Auftrag, den Prinz zu beseitigen?

WIE SIEHT’S AUS?

Stephen Byrne verpasst Mera: Gegen den Strom einen sehr angenehmen Look. Stilistisch erinnert das ganze auf einer sehr subtilen Ebene entfernt an einen Disney-Film. Dabei sind die Farben allerdings fast monochrom gehalten. Alles wirkt dezent irgendwo zwischen minzgrün und himmelblau getüncht, wodurch Story selbst auf dem Trockenen wie unter Wasser erscheint. Das wiederum harmoniert sehr mit Meras „Fisch an Land“-Situation. Einzig Meras rote Mähne sticht hervor, was die Aufmerksamkeit immer wieder erfolgreich auf sie lenkt. Dadurch wird noch einmal unmissverständlich klar gemacht, dass Arthur zwar ihr Ziel ist, es hier aber nicht um ihn geht. Auch ihre rebellische Natur wird durch dieses hervorstechen erfolgreich untermalt.

 

©DC Comics | flammendes Haar und feuriges Temperament

 

Das Arthur hier ausnahmsweise dunkelhaarig präsentiert wird, erinnert sehr entfernt an seine Filmversion. Ansonsten wirkt er auf mich persönlich ein wenig nach ‚generischer Pretty-Boy‘, was nochmal verdeutlicht, dass er nicht im Fokus der Story steht.

TREFFER MIT DER ZIELGRUPPE?

Graphic Novels For Young Adults“ spricht neben dem Geek natürlich auch den Pädagogen in mir an. Wie passen also das Werk und die Zielgruppe zusammen?

Mera: gegen den Strom spricht die zunehmende Eigensinnigkeit in Jugendlichen an. Mera ist in einem System aufgewachsen, dass ihr missfällt. Es werden Erwartungen an sie gestellt, die ihren Ursprung in bestehenden Traditionen haben. Sie soll sich unterordnen, auf andere hören, sich anpassen. All das stimmt sie unzufrieden , und besonders wenn nicht nach ihrer Meinung gefragt wird, reagiert sie sehr temperamentvoll. Sie ist ihre eigene Person, und sie will, dass das anerkannt wird.

Doch nicht nur die Anerkennung, sondern auch das Handeln nach eigener Meinung wird stark thematisiert. Als Mera beginnt Arthur näher kennen zu lernen, gerät ihre Entschlossenheit ins Wanken. Sie hatte es als ihre Pflicht angesehen ihn zu töten, doch nun erscheint es ihr als unangemessen. Und eben diese innere Unsicherheit ist ebenfalls ein relevanter Schritt in der Entwicklung der eigenen Identität. Mera muss entscheiden, ob ihr Pflichgefühl oder ihr persönlicher Eindruck von höherer Priorität ist. Es ist für sie an der Zeit, ihren moralischen Kompass zu justieren und zu ergründen, welche Art von Person sie sein will.

Anfangs störte ich mich daran, dass die toughe Heldin ins Grübeln kommt, als ein potentiell interessanter Mann auf der Bildfläche erscheint. Bei genauerem Hinsehen fällt aber auf, dass es sich bei Gegen den Strom eben doch um eine Lovestory handelt. In so fern war es also nicht nur ein schwacher Grund, um eine Meinungsänderung herbeizuführen, sondern ein zentrales Element der Geschichte. Die Balance zwischen jugendlicher Rebellion und Liebesgeschichte ist kompliziert. Allerdings profitiert die Story meines Erachtens davon, dass sie in erster Linie an Jugendliche gerichtet ist. Die erste Liebe ein kompliziertes Thema, und Meras schnelle Umschwünge von Nähe passieren lassen und Larken/Arthur von sich stoßen, passen auch zu ihrem Charakter.

Dennoch erreicht Mera: Gegen den Strom das Ziel, einige der komplexen Wirrungen des Jugendalters einzufangen und in einen Superhelden-Kontext zu setzen.

 

Mera: Gegen den Strom

Graphic Novel

208 Seiten in Farbe, Softcover

Panini Verlag

16,99 Euro

Bereits erschienen

Verlag: Panini Comic Deutschland

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Story
Artstyle
Zielgruppen-Eignung
4.5 rebellisch

Mera: Gegen den Strom wirkt auf den ersten Blick nach einer Story, die in großen Buchläden im 'Für Mädchen'-Regal landen würde. Entsprechend fällt positiv auf, dass die Graphic Novel nirgendwo gegendert beworben wird. Insgesamt hat die Story eine runde Mischung an internen Konflikten, die jugendlichen Leser*innen vertraut sein dürften. Entsprechend finde ich es fast bedauerlich, dass die Themen nicht auf zwei Geschichten verteilt wurden, um ihnen noch mehr Raum zur Entfaltung zu geben, da besonders die Meras Erleben der Oberwelt eine schöne Metapher für den Übertritt aus der Kindheit ins Erwachsenenalter bildet.

Über den Autoren/Über die Autorin

Erziehungs-Person, Comic-Geek, Spielkind,Serien-Junkie und Cartoon-Enthusiast aus Hamburg. In meiner Freizeit betreibe ich an professionell grenzendes professionelles Binge-watching, überanalysiere oder stopfe meinen Kopf mit fiktiven Charakterbiografien voll.

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